Dienstag, 8. Mai 2007

Mitternacht Teil 5

Im schmalen Schein seiner Sturmlaterne konnte er
erkennen, dass er sich bereits dem Friedhof näherte,
er hatte jedoch den eigentlichen Weg verlassen.
Da er genau auf das seltsame Geräusch zusteuerte,
war er etwas abseits auf einer Wiese vor der Friedhofsmauer
gelandet.

Er hörte kaum ein Geräusch, wenn er mit seinen Füßen
im aufgeweichten Moos der Wiese einsank.
Langsam tauchte vor ihm die alte Friedhofsmauer auf.
Wie eine verfallene Ruine der Griechen, erhob sie sich zu
ihrer völligen, einst stolzen Größe, der Wind und Regen
stark zugesetzt hatten. Die roten Backsteine waren zu
einem traurigen, staubigen dunkelrot verblasst und der
Mörtel bröckelte aus allen Fugen.

Vor etwa zwei Jahren war einer dieser jungen Rabauken
aus dem Nachbardorf einmal mit seiner alten Rostlaube
betrunken unterwegs gewesen und hatte die Kurve neben
dem Friedhof nicht mehr geschaft. Er war mit knappen
60 Meilen die Stunde in die Mauer gerast und hatte ein
Loch hineingeschlagen, so als ob er auf dem direkten
Weg zu seinem Grab wolle.
Der Bengel war sofort tot.
Die Ironie war umso schrecklicher, als das einzige Grab,
dass er dabei wirklich beschädigte, das seiner Familie und
somit sein eigenes war. Es stand eine Woche lang in
allen Zeitungen, doch am Tag der Beerdigung selbst,
war es bereits wieder vergessen, wie so ziemlich alles
hier draußen schnell vergessen wird.

Das Loch dass der alte VW in die Mauer gerissen hatte,
war nie geschlossen worden, nur die Backsteine wurden nach
und nach von den Kindern der Maygels weggetragen um
damit wohl irgendeinen Unfug anzustellen.
Seitdem war das Loch jedes Jahr etwas größer geworden
und Michael Cunningham benutzte es sehr oft, wenn er
auf dem Weg zur Arbeit nicht den langen Weg um den
Friedhof herum zum Hauptportal nehmen wollte.
Auch diese Nacht hatte er vor es zu verwenden.

...

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